von Peter Lang
Deine roten Haare...
... na ja, das habe ich irgendwann einmal für mich entschieden. Meine Großmutter war rothaarig, meine Mutter war rothaarig, ich hatte blonde, leicht ins Rötliche spielende Haare. Es war also keine Frage, dass meine Haare auch rot werden mussten. Vor der Farbe Rot in der Malerei hatte ich immer gewisse Hemmungen, eine Scheu. Erst in Paris in den 1990er-Jahren entwickelte ich den Mut, erstmals auch ein kräftiges und eindeutiges Rot zu verwenden. Paris assoziiere ich mit diesem speziellen Rot, das Verwegenheit, aber auch Verletzlichkeit signalisiert.
Du ordnest Städten Farben zu?
Ja, Gelb und Orange waren die vorherrschenden Farben, als ich in Slowenien gemalt habe. Es entspricht für mich der Farbgebung der Landschaft im Frühling, mit dem Ausblick auf die Weinberge, die im Sonnenschein liegen. Triest ist ockerfarben. Florenz assoziiere ich mit den Olivenhainen und in Rom sind es die sieben Hügel mit den perspektiven Farbabstufungen Blau zu Grün. Rot habe ich für Paris gewählt. Im Gegensatz zu Madrid mit einem feurigen Rot, ist es ein erdiges Ro, das für mich eine gewisse Melancholie beinhaltet und dadurch an die traurigen Liebschaften von Edith Piaf erinnert, die sie in ihren Liedern zum Ausdruck bringt. Die Häuser in Lviv in der Ukraine haben eine kalkige Farbigkeit, dabei gibt es jedes mögliche zarte Grün, Blau oder Rosa.
Wie kamst du zur Malerei?
In einer schwierigen Phase. Wie es halt so ist, der Mensch sucht sich bei Herausforderungen ein Ventil. Bei mir war es eine Wand im Kellergeschoss, die ich spontan und aus dem Bauch heraus bemalte. Einfach so. Ich musste das einfach tun. Intuitiv und ohne zu überlegen malte ich darauf los. Als ich meinem Mann das Werk zeigte und meinte, dass ich glaube, malen zu können, sagte er: „Ja, glaube ich auch“. Dann wünschte ich mir zu Weihnachten einen Ölfarbkasten. Ich bekam ihn und legte los. Intuitiv und rein nach Gefühl. Vollkommen aus dem Bauch heraus. Bei einem Aufenthalt in Bad Abbach zeigte ich meine Arbeiten Herbert Riemer, der damals dort eine Galerie führte. Seine Stimme habe ich noch im Ohr: „Die hat einen frechen Strich! Was machen wir mit der?“ Und so kam es zur ersten Ausstellung. Die Vernissage musste ohne mich stattfinden, ich lag wegen einer Operation in der Klinik. Mein Vater und mein Mann hatten die Ausstellung gehängt. Als ich aus der Narkose erwachte, brachte mir mein Mann den Zeitungsausschnitt mit der Überschrift „Erstausstellung von Renate Christin“.