"Vergiss nicht, dass das Leben Schauspiel ist und diese ganze Welt die große Bühne, dass sich im Augenblick die Szenen wandeln und wir dabei als Spieler handeln." heißt es beim großen spanischen Dichter des Barock Francisco Quevedo.
Ornella Reni greift die Metapher aus dem Barock auf, um ihre Weltanschauung zum Ausdruck zu bringen. Ihre 'teatrini storici' gewähren uns Einblicke in das Leben von Menschen und Ereignissen oder Entdeckungen, die für unser Denken und die Entwicklung der abendländischen Kultur entscheidend waren.
Doch Ornella Reni benützt nicht nur die Form der Bühne, sondern setzt auch die verschiedenen Raumdimensionen des Theaters in Szene. Sie inszeniert einen Bühnenraum, den sie plastisch bespielt. Daraus erwächst ein dramatischer, imaginärer Raum, der sich zwar auf unseren kulturellen Hintergrund bezieht, ihn aber übersteigt. Renis 'Bühnen-Bilder' laden den Betrachter ein, sich auf das Reich des Imaginären einzulassen. (Toll fotographiert von Alo Zanetta)
Gleichzeitig ist in Renis theatralen Installationen auch immer der Gedanke präsent, wie prägend das Dispositiv 'Theater' für unsere kulturelle Entwicklung war. Die Ausstellung bringt zu Bewusstsein, wie uns das Verhältnis des Zuschauerraums zum Bühnenraum einer Guckkastenbühne bereits zur Gewohnheit geworden ist. Reni spielt mit der mittlerweile traditionellen Theaterästhetik, dem visuellen Raumschema und der komplexen Bildregie des neuzeitlichen Theaters.
Hierfür ist die Distanz zwischen den Zuschauern und den Schauspielern fundamental. Beobachter und beobachtetes Geschehen fallen räumlich weit auseinander. Der Schauraum, der sich dem Betrachter bietet, beruht auf dem Prinzip der Frontalität. Der Zuschauer ist nur in der Lage, sich das visuell anzueignen, was er von seinem ihm zugewiesenen, statischen Platz aus beobachten kann - den Ausschnitt, der ihm vom Regisseur absichtsvoll präsentiert wird.
Die italienische Künstlerin beschäftigt sich mit dem Verhältnis ihrer Bühnenräume und dem Lebens- und Erfahrungraum der Betrachter. Sie bringt universelle Problemstellungen der Menschheit auf die Bühne. Die Schwierigkeiten angesichts der kulturellen Vielfalt, die oftmals zu Aggressivität führen und nicht sofort als Bereicherung empfunden werden, sind seit Kain und Abel ein andauernder Quell des Unfriedens.
Die Frage nach den Gesetzmäßigkeiten des Zusammenlebens auf Erden ist für Ornella Reni elementar. Sie geht der Frage nach, welche Vorstellungen die Menschen von einer gerechten Form des Miteinanders entwickelt haben und präsentiert uns Visionen der Französischen Revolution, Gandhi und Luther King.
Reni thematisiert aber auch den Umgang der Menschen mit ihrem Lebensraum und pocht darauf, dass wir Verantwortung für den Erhalt unserer Erde übernehmen müssen. In Ornella Renis Werk manifestiert sich die Hoffnung auf das große Potential der konstruktiven Kreativität der Menschheit, sich das Dasein schön zu erschaffen. Dabei greift sie auf die Ästhetik und Techniken des Bühnenbildes zurück, das oftmals holzschnittartig und überzeichnet den Kern der Aussage augenscheinlich macht.
Alle Arbeiten im Überblick: Ornella Reni: CHE GRAN TEATRO È LA VITA