"Kein Betrug nur Gegenwart im Zeitverzug", so lautet der Titel einer Ausstellung im Kunstraum Sigismundkapelle, die Lina Schobel und Paul Reßl derzeit vom 29. März bis zum 22. April 2023 zeigen.
Dr. Antonia Kienberger, die in die Ausstellung einführte, verwies auf die neuen Perspektiven, die die beiden Künstler in ihrer Ausstellung auf und im Raum aufzeigen. Lina Schobel und Paul Reßl haben sich mit einem Konzept für diesen Raum im Rahmen des kulturellen Jahresthemas Höhenflug / Wolkenkuckungsheim beworben. Entgegen dem bekannten Ansatz, die eigenen Werke im Raum am besten zur Geltung zu bringen, überlassen sich hier beide vollkommen der Führung des Raums. Ein spannender Ansatz.
Paul Reßl hat sich auf die Linienführung der Sigismundkapelle eingelassen und ihrer Formensprache nachgespürt. Seine Arbeiten sind kompakter, vielleicht auch eine Spur spielerischer, als man das bisher von ihm gewohnt ist. Das empfindet Dr. Antonia Kienberger bei den Arbeiten an der Wand so, bei denen die Opakheit ein wesentliches Element darstellt und wo man sich einem als Betrachter die Vielfalt der Muster aus der Dunkelheit heraus erst in der Dauer des Hinsehens erschließen. Eine wunderbare Sehübung.
So ganz konnte Paul Reßl dann aber doch nicht aus deiner Künstlerhaut heraus, denn bei den Arbeiten am Boden ist sein Spieltrieb, seine Hingabe an die Leichtigkeit – die der Raum nicht unbedingt sofort vermittelt – wieder voll da. Er experimentiert nach wie vor mit der Linienführung, verschiebt Kraftlinien, bündelt die Verbindungspunkte an anderer Stelle – und siehe da: Das System trägt sich selbst. Eine schöne Metapher, die auch uns zu Experimenten – zumindest in Gedanken – anregen kann.
Lina Schobel lässt den Raum mit Teilen seiner Selbst kommunizieren. Bei ihr traten in den Überlegungen für die Ausstellung hier stärker die formalen Elemente – das Design wenn man so will – in den Vordergrund. Fenster zum Beispiel, vergittert, die dem Raum nicht wirklich in der Funktion als Fenster dienen, die Nische oder Tür, oder die ausgesparten Elemente mitten in der Wand. Lina Schobel hat die Form dieser Raumöffnungen abgenommen, abgewandelt, anders platziert. So kommuniziert der Raum quasi mit seinem Abbild, genauer, mit einzelnen Elementen seines Abbildes.
Kein Spiegelbild, sondern ein Teil des alten in einer neuen Position, in einem veränderten Outfit. Lina Schobel präsentiert uns hier eine Versuchsanordnung zu Fragen der Ästhetik, der Funktionalität und letztendlich auch der Vergänglichkeit. Womit wir beim Thema Zeit wären, das in der wunderschönen Formulierung von Herta Müller der Ausstellung den Titel gab: Kein Betrug nur Gegenwart im Zeitverzug.
Öffnungszeiten
Mittwoch bis Freitag: 17 - 19 Uhr
Samstag: 11-16 Uhr und nach Vereinbarung
Foto: Claudia Erdenreich
Dr. Antonia Kienberger, Lina Schobel, Paul Reßl, Susanne Gatzka