Ornella Reni: Leonardo

Ornella Reni: Leonardo

Ornella Reni: Rinascimento

Die "Entdeckung des Selbst" findet in der Übergangszeit vom 15. zum 16. Jahrhundert statt. Das Eigenverständnis des Menschen hat in der Renaissance eine Kontur erhalten, die unser Denken bis heute geprägt hat. Die Theatermetapher steht im Denken der Renaissance hoch in der Konjunktur - sowohl in ihrer Verbreitung als auch in ihrer Qualität als Modell der Weltanschauung. Dies liegt im paradoxalen Wechselspiel von Innen- und Außenperspektive bei der Konstituierung neuzeitlicher Individualität begründet. Die Vision einer Lebenskunst als Einheit von Körper und Geist lässt sich mit den Erfordernissen des Benehmens auf dem gesellschaftlichen Parkett, das als Rollenspiel empfunden wird, nicht in Einklang bringen. Der Bruch zwischen einem authentischen Selbst und der meisterlichen Beherrschung seiner Mimik, Gesten und Worte wird durch die Inszenierung des Wechels von Betrachtungsperspektiven gleichermaßen thematisiert wie überspielt.

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Kunstwerk im Fokus

Ludwig Gebhard: Tätowierte Schönheit
Farblinolschnitt, 1996
Blattgröße: 70 x 50 cm
Druckfläche: 42 x 30 cm

In Privatbesitz

Ein schwarzer Frauenkopf blickt den Betrachter en face regungslos an. Im Gesicht der Frau sind merkwürdige Zeichen zu sehen: Auf der rechten Wange wird ein Viereck durch drei parallele Linien überschnitten, auf der linken Wange überschneiden sich drei gekrümmte Linien. Sind das die Tätowierungen, von denen der Titel spricht? Gebhard hat eine "Schönheit"geschaffen, ein in der Kunstgeschichte beliebter Topos, der immer von einem Ideal ausgeht.

Die (weibliche) Schönheit, die erst durch die Hand des Künstlers entsteht - aber auch die weibliche Schönheit, die der Künstler als Inspiration für seine Kunst nötig hat. Hier kreuzen sichdie Linien - wie auf den Wangen der Schönheit.

(Text: Luise Finger (Auszug): Ludwig Gebhard - Linolschnitte und Radierungen, 2007, Dr. Erdel Verlag)

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